Reibverhalten elastomerer Dichtkontakte mit Zwischenmedium

BMWi INNO-KOM 49VF170024 | Laufzeit: 01.2018 – 06.2020 Martin Strangfeld, FILK Freiberg
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AUSGANGSSITUATION

Fahrzeuginsassen erwarten heutzutage, dass durch das Interieur bei der Bewegung des Fahr­zeugs keine Stör­geräusche im Innen­raum auftreten. Da unangenehme Geräusche wie Quietschen oder Knarzen einen großen Einfluss auf die Wahr­nehmung der Fahr­zeug­qualität und des Komforts haben sowie aufgrund der Ablenkung des Fahrers ein Sicher­heits­risiko darstellen, wird von Seiten der Auto­mobil­hersteller der Stör­geräusch­prävention ein hoher Stellen­wert eingeräumt. Elastomere Dichtungen, welche im Bereich der Fahr­zeug­karosserie verbaut werden, sind in vielen Fällen die Geräusch­quellen dieser Phänomene. Solche Dicht­kontakte bestehen aus einer geometrisch komplexen Dichtung, einem Gegen­material in Form von Glas, Kunst­stoff oder lackiertem Metall sowie einem eventuell vorhandenen Zwischen­medium und können auf­grund ihrer visko­elastischen Eigen­schaften nicht mit den für „harte“ Materialien bekannten Reib­gesetzen beschrieben werden. Bisher durch­geführte Unter­suchungen zum Reibungs­verhalten elastomerer Fahr­zeug­dichtungen berück­sichtigen kaum das Vorhanden­sein eines Zwischen­mediums. Ein Zwischen­medium in Form von Staub, Schmutz­partikeln und/oder Feuchtig­keit hat jedoch einen entscheidenden Ein­fluss auf das Reib­verhalten und den Verschleiß der Dichtung und trägt damit auch zur Entwicklung von Stör­geräuschen bei.

PROJEKTZIEL

Ziel des Forschungsprojektes war die Erstellung eines Ursache-Wirkungs-Modelles, welches die Auswirkungen von Zwischen­medien in Form von z. B. Sand, Staub und/oder Wasser/Fett auf das Stick-Slip-Verhalten an geometrisch komplexen Dichtungen darstellt. Die Anfälligkeit einer Dichtung in Bezug auf Stick-Slip bei Relativbewegung (Ursache von Störgeräuschen) durch das Vorhandensein von Zwischen­medien kann somit schon frühzeitig in der Entwicklungs­phase berück­sichtigt werden.

LÖSUNGSWEG

Für die Erstellung des Modells war zunächst die Erar­beitung einer praxis­nahen Prüf­methodik notwendig, um die Dichtungs­materialien mit den entsprechenden Zwischen­medien reprodu­zierbar hinsichtlich des Stick-Slip-Verhaltens prüfen zu können. Mit Hilfe dieser praxis­relevanten Prüfungen und der Auswahl der für das vor­liegende tribo­logische System wesent­lichen Einfluss­faktoren (Art des Zwischenmediums, seine Partikel­größe, Viskosität, sein Volumen…) wurden Ursache und Wirkung von zwischen­medien­bedingten Reib­phänomenen analysiert.

ERGEBNISSE

Die erarbeitete Prüfmethodik beinhaltet einerseits eine Methode zur Ein­bringung von verschie­denen Stäuben und anderer­seits ein Verfahren zur definierten Auf­bringung von Wasser und zähflüssigen Medien. Im Falle des Staubes kann je nach Anwendungs­fall hierbei zwischen direkter und indirekter Aufbringung gewählt werden. Für den indirekten Auftrag wurde eine Anstaub­kammer entwickelt, mit der eine definierte Menge Zwischen­medium im Raum mittels Druck­luft verwirbelt wird und somit die Dichtung anstaubt. Die Auftrags­methode für flüssige Medien beinhaltet eine definierte Tropfen­anzahl definierten Volumens.

Die Untersuchungen haben gezeigt, dass der Einfluss des Zwischen­mediums deutlich stärker ist als die Effekte durch die Prüf­parameter (z. B. Über­drückung, Reib­geschwindig­keit, Anpress­kraft, Klima). Im Vergleich der Stäube als Zwischen­medien ist ein eindeutiger Zusammenhang der Reib­eigen­schaften zur mittleren Partikel­größe gegeben. Mit zunehmender Partikel­größe steigt die gemessene Reib­kraft, und es entsteht damit u. U. höherer Verschleiß. Auch die Partikel­form der Stäube hat einen deutlichen Einfluss: Je scharf­kantiger die Staub­partikel sind, desto höher ist die Reibung. Bei fluiden Medien kommt es im Falle von Wasser zu einem nicht­linearen Verhalten. Die angewendete Tropfen­methode erzeugt eine Erhöhung des Risikos zum Knarzen bei gleich­zeitiger Erhöhung des Tropfen­volumens. Wird das Volumen jedoch soweit erhöht, dass eine voll­ständige Benetzung statt­findet, so wird das Risiko wieder verringert. Schmier­fette oder Dichtungs­pflege­mittel benetzen die Ober­fläche gut und wirken reibungs­redu­zierend und damit auch stick-slip-reduzierend. Bei der Kombination aus Staub und Fett ist der prägende Effekt abhängig von der Dispersion der Staub­partikel im Fett. Die ermittelten Reibungs­ergebnisse wurden mit Hilfe des Stribeck-Modells analysiert. Daraus wurden Ursache-Wirkungs-Beziehungen aufgedeckt und Phänomene interpretierbar.

 

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Danksagung

Das Forschungsvorhaben „Reib­verhalten elasto­merer Dicht­kontakte mit Zwischen­medium“, Reg.-Nr.: 49VF170024 wurde anteilig vom Bundes­ministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundes­tages innerhalb des Förder­programms „FuE-Förderung gemein­nütziger externer Industrie­forschungs­einrichtungen – Modul Vorlaufforschung (VF)“ über den Projekt­träger EuroNorm GmbH gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.

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