Ausgangssituation
Eine gute, optimal angepasste Raumakustik ist an allen Orten, an denen Kommunikation eine wesentliche Rolle spielt (z. B. Büroräume, Hörsäle, Schulzimmer, Konzertsäle, Theater etc.), unumgänglich. Allerdings sind individuell angepasste Akustikabsorber schwer zu realisieren, meist nicht nachhaltig und in der Produktion durch gesundheitsschädliche Rohstoffe negativ behaftet. Durch die Entwicklung der Herstellungstechnologie für hochporöse Akustikabsorber aus biogenen, abbaubaren Edukten mittels 3D-Druck würden diese Probleme überwunden. Zudem kann durch das Verfahren jeder erdenkliche Formkörper dargestellt werden, was der Fertigung frequenzspezifischer Absorbergeometrien zugutekommt.
Projektziel
Ziel des Forschungsprojektes war die Herstellung individuell angepasster Schallabsorber aus nachwachsenden Rohstoffen mittels innovativer Fertigungstechnologie. Es war zu prüfen, ob das Binder Jetting Verfahren zur wirtschaftlichen Herstellung von ökologischen Akustikabsorbern konkurrenzfähige Verwendung finden kann. Als Rohstoffe wurden u. a. Miscanthus, SpreuStroh, Buche, Birke und Gelatineprodukte verwendet, um durch 3D-Druck hochporöse Formkörper herzustellen. Zudem sollte die mechanische Stabilität der Formkörper durch eine nachträgliche Behandlung verbessert werden.
Lösungsweg
Im durchgeführten Forschungsvorhaben wurde ein neuartiger Ansatz zur Herstellung von Schallabsorbern aus nachwachsenden Rohstoffen mittels Additiver Fertigung verfolgt. Die zur Verfügung stehenden Materialien wurden in einem ersten Schritt hinsichtlich ihrer Verarbeitbarkeit und der resultierenden Luftschall-Absorptionseigenschaften grundlegend untersucht und klassifiziert, um diejenigen mit den besten Schallabsorptionsgraden zu identifizieren.
Ein Schwerpunkt des Forschungsvorhabens war die Entwicklung geeigneter Partikel-Binder-Kombinationen zur prozesssicheren additiven Fertigung entsprechender Bauteile mittels Binder Jettings (BJT). Als Bindemittel wurde ein pulverförmiges Hydrolysat homogen mit dem ebenfalls pulverförmigen nachwachsenden Rohstoff vermischt und eine wasserbasierte Druckflüssigkeit mit Hilfe des Druckkopfes appliziert. Zur Verarbeitung dieser neuartigen Materialkombination mussten außerdem geeignete Binder Jetting-Technologien entwickelt werden. Dies beinhaltete die Anpassung sowohl des Binderauftrages als auch den Schichtauftrag des Pulvers.
Die auf diese Weise gefertigten Bauteile wurden hinsichtlich ihrer schallabsorbierenden Eigenschaften durch Messungen im Impedanzrohr charakterisiert. Parallel zu den Untersuchungen an den 3D-gedruckten Bauteilen erfolgte die Simulation des Absorptionsvermögens mittels Finite Elemente Methode.
Ergebnisse | Nutzen
Zur Herstellung stabiler Formkörper aus den pulverförmigen Rohstoffen (Miscanthus, Buche, Birke, SpreuStroh) wurde die Eignung von Gelatine bzw. Hydrolysat als Bindemittel untersucht. Erste Versuche mit den ausgewählten Gelatinelösungen ergaben, dass diese zum Verstopfen des Druckkopfes führten, wodurch eine Fertigung von Bauteilen nicht möglich war. Als Alternative wurde das Hydrolysatpulver direkt mit dem pulverförmigen nachwachsenden Rohstoff vermischt. Mit Hilfe des Druckkopfes erfolgte das Einbringen von wasserbasierter Druckflüssigkeit. Die Untersuchungen zeigten, dass dieser Binder für alle innerhalb des Forschungsvorhabens verwendeten nachwachsenden Rohstoffe genutzt werden konnte. Um stabile Formkörper zu erhalten, mussten jedoch die Druckparameter (z. B. schüttgutmechanische Eigenschaften der Pulvermischungen, Pulver/Druckflüssigkeitsverhältnis; Schichtstärke) des Binder Jetting Systems explizit an den jeweiligen Rohstoff angepasst werden. Die hergestellten Bauteile wurden anschließend hinsichtlich ihrer Schallabsorption und ihres längenbezogenen Strömungswiderstandes im Impedanzrohr untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die mittels Binder Jetting Verfahrens hergestellten Probekörper schallabsorbierende Eigenschaften besitzen, welche im gemessenen Frequenzraum (80 bis 1600 Hz) vergleichbar oder etwas besser als die eines herkömmlichen Faserabsorbers sind. Insbesondere im tieffrequenten Bereich bis ca. 500 Hz zeigten die gedruckten Probekörper ein besseres Absorptionsverhalten im Vergleich zum Faserabsorber. Parallel zu den Untersuchungen an den 3D-gedruckten Bauteilen erfolgte die Simulation des Absorptionsvermögens mittels Finite Elemente Methode. Korreliert wurden die Berechnungen mit den Ergebnissen der Schallabsorptionsmessungen im Impedanzrohr. Zudem konnten mit Hilfe der Simulationen optimale Geometrien für Bauteile und Resonatorhohlräume unter Beachtung druckbarer Bauteilgrößen und -formen berechnet werden.
Dank
Das IGF-Vorhaben 01IF22188N der Forschungsvereinigung „FILK Freiberg Institute gGmbH, Meißner Ring 1-5, 09599 Freiberg“ wurde über die AiF und DLR im Rahmen des Programms zur Förderung der „Industriellen Gemeinschaftsforschung und –entwicklung (IGF)“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.

