AUSGANGSSITUATION
Der Geruch des Materials Leder ist ein Qualitätsmerkmal des Produkts. Er ist in der Gesellschaft positiv besetzt und unter anderem ein wesentliches Kriterium für den Einsatz dieses Materials überhaupt. Darüber hinaus ist er ein freigaberelevantes Prüfkriterium. Allerdings gibt es keinen direkten Zugriff auf den Geruch während der Lederherstellung. Geruch ist ein komplexer Sinneseindruck. Er ist nicht mit physikalischen oder chemischen Messgrößen darstellbar. Eine sensorische Prüfung – Vergabe von Noten – ist und bleibt das Maß der Dinge. Dieser subjektive Anteil an der Prüfung führt zu Diskussionen über die Ergebnisse.
PROJEKTZIEL
Aufzeigen der Zusammenhänge zwischen Geruch und Ergebnissen von Emissionsmessungen
Kritisches Überprüfen der Prüfbedingungen der VDA 270 für das Material Leder (z. B. Temperatur, Zeit, Luftfeuchtigkeit)
Anwendung der Prinzipien der Aromaprofilanalyse auf den Leder geruch auf der Basis geeigneter Deskriptoren
Überprüfung der Eignung von Hautpulvertabletten als Prüfmatrix von Lederhilfsmitteln zur Materialentwicklung hinsichtlich Geruch
Untersuchung der Bedeutung der einzelnen Schritte der Leder herstellung auf den Geruch
LÖSUNGSWEG
Die Prüfbedingungen der VDA 270 wurden in breiter Variation (z. B. Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Raumbeladung, Mess- und Prüfzeiten) an verschiedenen Ledern untersucht.
Bei den Geruchsprüfungen wurden zusätzlich Aromaprofilanalysen durchgeführt.
Es wurden Hautpulvertabletten mit Lederhilfsmitteln verarbeitet und Zusammenhänge beim Geruch zwischen Hautpulvertablette und Leder bestimmt.
Anhand unterschiedlicher Technologien wurden Geruchsprüfungen an Zwischenprodukten verschiedener Herstellungsstufen durchgeführt.
Es wurden die Ergebnisse verschiedener Emissionsmessmethoden wie z. B. DIN EN ISO 12219-3, VDA 277 und VDA 278 (VOC-Werte, fog-Werte) mit den jeweiligen Geruchsnoten verglichen.
ERGEBNISSE
Es konnten keine Zusammenhänge zwischen Geruch und Ergebnissen von Emissionsmessungen nachgewiesen werden. Es erfolgte eine Revision der Prüfbedingungen der VDA 270 für das Material Leder hinsichtlich Temperatur, Zeit und Luftfeuchtigkeit. Es wurde ein entsprechender Vorschlag zur lederspezifischen Anpassung der VDA 270 entwickelt.
Es konnten geeignete Deskriptoren zur Beschreibung des Ledergeruchs gefunden werden. Trotzdem ist die Aromaprofilanalyse nicht auf den Ledergeruch anwendbar, weil die Geruchsbeschreibungen nicht den Geruch, sondern die Abweichung vom Ledergeruch charakterisieren. Der Grund dafür liegt darin, dass Ledergeruch im Gegensatz zu Parfüm (Differenzierung z. B. schweres Parfüm, Moschusduft, blumiger Duft usw.) nicht weiter differenziert wird. Die Aussage ist, es riecht nach Leder. Die Aussage ist nicht, es riecht z. B. nach Schuhoberleder.
Eine Feststellung der einzelnen Schritte der Lederherstellung auf den Geruch des Endproduktes ist nicht möglich, da dies technologieabhängig variieren kann. Der jeweils nachfolgende Technologieschritt überschreibt den vorhandenen Geruch. Dies gilt bei Vermeidung technologischer Fehler.
Hautpulvertabletten können zur Optimierung von Lederhilfsmitteln hinsichtlich Geruch nicht eingesetzt werden, da sie den realen Geruch des Leders nicht abbilden können. Die Gerüche der mit Lederhilfsmitteln umgesetzten Hautpulvertabletten haben andere Charakteristika als die der entsprechenden Versuchsleder.
Auf der Basis der Projektergebnisse wurden seitens des VDA die vorgeschlagenen lederspezifischen Anpassungen in die VDA 270 übernommen. Die neuen Prüfbedingungen sind jeweils 2 h bei 50 °C in feuchter und trockener Atmosphäre. Es wird sofort gerochen. Die Raumbeladung beträgt bei einem 1 l-Glas 50 cm2 (Größe Probestück: 5 x 10 cm). Unter diesen Prüfbedingungen können Ledergerüche untereinander besser differenziert und die Entwicklung praxisuntypischer Fehlgerüche vermieden werden.
Danksagung
Das Forschungsvorhaben „Neue Strategien für die Gestaltung des Ledergeruchs“, Reg.-Nr.: MF160097 wurde anteilig vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages innerhalb des Förderprogramms „FuE-Förderung gemeinnütziger externer Industrieforschungseinrichtungen in Ostdeutschland – Modul Marktorientierte Forschung und Entwicklung (MF)“ über den Projektträger EuroNorm GmbH gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.