Ausgangssituation
Biofouling – die Ansiedlung von Mikroorganismen (Bakterien, Algen, Pilzen, Protozoen) und mehrzelligen Organismen (Rädertierchen, Fadenwürmern, Milben) – findet bevorzugt an Grenzflächen der Materialien zu wässrigen Systemen (Teich- und Schwimmbadfolien) oder zur Atmosphäre (Architekturfolien) statt. Aktuelle Antifoulingmaßnahmen waren bisher vorzugsweise für den maritimen Bereich (biozidhaltige Anstriche, Antihaft- und Hartstoffbeschichtungen) entwickelt worden und konnten aus technologischen, ökologischen sowie wirtschaftlichen Gründen nicht auf Folien übertragen werden. Dagegen boten Forschungsergebnisse zum Einfluss periodischer Mikrostrukturen auf die Vermeidung von Bakterienanlagerungen auf medizinischen Instrumenten oder auf Sterilverpackungen belastbare Ansatzpunkte, mikroorganismenabweisende Oberflächenmorphologien auch als Antifoulingmaßnahme für Folien zu etablieren.
Projektziel
Ziel des Projektes war die Entwicklung einer neuartigen Antifoulingausrüstung mittels Aufbringens von definierten Mikrostrukturen auf die Folienoberflächen (PVC, PTFE, ETFE) in Kombination mit einer biozidfreien, strukturunterstützenden Materialadditivierung. Die Funktionseigenschaften der Folien sollten dabei erhalten bleiben, die Additive homogen im Basismaterial oder in den kommerziell verwendeten Lacken dispergierbar und der Prägeprozess in bestehende Produktionsanlagen integrierbar sein.
Lösungsweg
Im Forschungsvorhaben wurde zunächst ein praxisnaher Labortest (Aquariumtest) entwickelt, um den Algenaufwuchs auf Folien prüfen zu können. Dabei wurden die Zusammensetzung der Algen in Abhängigkeit von der Anwendung als Architekturfolie (aeroterrestrisch) oder Schwimmbadfolie (limnisch) ausgewählt und relevante Einsatzbedingungen simuliert. Die Evaluierung des Tests erfolgte an verschiedenen Folien (strukturiert, beschichtet) der Projektpartner. Anhand der Ergebnisse wurde für das Prägen eine Mikrostruktur ausgewählt und diskontinuierliche Prägeversuche an PVC-Folien mit verschiedenen Rezepturen und Beschichtungen bei Variation der Prozessparameter (Temperatur, Druck, Zeit) sowie kontinuierliche Prägeversuche an PVC-Folien auf dem Walzenschmelzkalander durchgeführt. Die jeweils erhaltenen, mikrostrukturierten Oberflächen wurden mittels konfokaler Laserscanning Mikroskopie charakterisiert und ihr Einfluss auf den Algenaufwuchs untersucht.
Ergebnisse | Nutzen
Im Rahmen des Projekts konnten die grundlegenden Voraussetzungen für ein Laborverfahren zur Ermittlung des Algenaufwuchses unter limnischen und aeroterrestrischen Bedingungen geschaffen werden. Die methodische Basis wurde systematisch weiterentwickelt und durch Optimierungsmaßnahmen ergänzt, welche die Effektivität und Reproduzierbarkeit deutlich verbesserten. Dazu zählten unter anderem die Anpassung von Versuchsanordnungen, die Auswahl geeigneter Algentypen sowie die Standardisierung von Inkubations- und Auswertungsprozessen. Die Laborversuche erwiesen sich insbesondere für die gezielte Eingrenzung und Bewertung von Strukturparametern mikrostrukturierter Folien sowie der Materialrezepturen als geeignet. Allerdings lassen sich komplexe Umweltfaktoren wie Strömungseinflüsse, Klimadynamiken oder natürliche Biozönosen nur bedingt unter Laborbedingungen abbilden. Für eine belastbare Bewertung der antifoulingwirksamen Eigenschaften unter realistischen Einsatzbedingungen sind deshalb weiterführende Feldversuche unter natürlichen Umgebungsbedingungen zwingend erforderlich.
Die Versuche zum Prägen von PVC zeigten, dass durch die Erzeugung mikrostrukturierter Oberflächen ein hemmender Einfluss auf das Algenwachstum erzielt werden kann. Allerdings beeinträchtigt das thermoplastische Fließverhalten der Folienoberflächen die Prägegenauigkeit und -reproduzierbarkeit, wodurch die gewünschte Strukturabformung teilweise abgeschwächt wird. Im Vergleich hierzu verweisen erste Ergebnisse mit laserstrukturierten Folien auf eine deutlich verbesserte Detailgenauigkeit und eine höhere Reproduzierbarkeit der Mikrostrukturen.
Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass bereits die Zusammensetzung des PVC-Materials – insbesondere die Auswahl von Stabilisatoren und Gleitmitteln – einen signifikanten Einfluss auf die Geschwindigkeit des Algenbewuchses ausübt. Die Versuche mit beschichteten PVC-Proben ergaben, dass das Prägen solcher Materialien sowohl die Wirkung der mikrostrukturierten Oberfläche als auch die Effizienz der Beschichtung in Bezug auf Antifouling negativ beeinflusst. Die mechanische Belastung durch den Prägeprozess führte teilweise zur Zerstörung des Oberflächenschutzes, wodurch die antifoulingrelevanten Eigenschaften erheblich gemindert wurden.
Die bisherigen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die gezielte Einarbeitung antifoulingwirksamer Wirkstoffe in die Materialmatrix eine wirkungsvollere Strategie zur Bewuchsvermeidung darstellt als eine Beschichtung mit einer nachträglichen Mikrostrukturierung. Diese Schlussfolgerung bildet eine solide Grundlage für die Weiterentwicklung funktionaler Folienmaterialien mit dauerhaft wirksamen Oberflächeneigenschaften.
Dank
Das Forschungsvorhaben 03WIR2013D des Instituts FILK Freiberg Institute gGmbH, Meißner Ring 1–5, 09599 Freiberg, wurde im Rahmen des Programms ,Wandel durch Innovation in der Region' (WIR) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Wir sprechen dem BMBF unseren herzlichen Dank für die Förderung aus. Ebenso gilt unser besonderer Dank allen wissenschaftlichen und industriellen Partnern sowie dem Gravomer-Netzwerk für die vertrauensvolle und produktive Zusammenarbeit.

