UV-C-Alterung von flexiblen, viskoelastischen Materialien

BMWK INNO-KOM 49MF210171 | Laufzeit: 01.2022 – 06.2024 Dr. Peter Frenzel, FILK Freiberg; Dr. David Ehinger, FILK Freiberg
  • Kategorien:
  • Funktionale Schichtsysteme
  • Leder
  • Prüfmethoden/Analyseverfahren
  • Werkstoffcharakterisierung

Ausgangssituation

Nichtzuletzt durch die zurückliegende COVID-19-Pandemie werden sowohl der eigenverantwortlichen humanen Hygiene als auch der Flächenhygiene von Kontaktoberflächen an z. B. flexiblen Flächenmaterialien im öffentlichen Bereich bis hin zu Sitzen und Armlehnen in Verkehrsmitteln mit stetig wechselnden Insassen eine enorme Bedeutung beigemessen. Neben der Nutzung klassischer öffentlicher Verkehrsmittel wie Bus, Bahn, Flugzeug und Taxi wird das Angebot so genannter Carsharing-Fahrzeuge aufgrund der höheren Flexibilität immer häufiger in Anspruch genommen. Besonders bei Objekten, welche eine Vielzahl an Menschen gleichzeitig oder nacheinander nutzen, ist die Desinfizierbarkeit von wesentlicher Bedeutung. Immer häufiger wird dafür die Behandlung mit UV-C-Strahlung eingesetzt. Bei der Desinfektion mit UV-C-Strahlung wird die Erbsubstanz der Mikroorganismen beschädigt und zerstört, sodass diese dadurch inaktiviert oder gar abgetötet werden. Die biologische Wirksamkeit ist dabei mehrfach nachgewiesen, aber die Auswirkungen auf die Materialeigenschaften sind bisher unzureichend erforscht, und dies obwohl ein Polymerabbau im Zuge von UV-C-Sterilisationsprozessen bereits mehrfach beobachtet wurde.

Projektziel

Das Ziel des Forschungsvorhabens bestand in der Entwicklung einer neuen Prüfmethodik zur praxisnahen Simulation der UV-C-Alterung sowie der Untersuchung und Beurteilung UV-C-alterungsbedingter Eigenschaftsveränderungen von Leder- und Kunstlederwerkstoffen. Basierend auf variierten UV-C-Strahlungsbeständigkeitsprüfungen an ausgewählten typischen Referenzmaterialien der Kfz-Innenraumausstattung sollten die Wirkungsweise sowie die mit der Strahlungsbelastung einhergehenden Materialveränderungen hinsichtlich Struktur, Festigkeits- und Verformungsvermögen sowie Haptik untersucht werden. Im Hinblick auf die oben genannten Materialveränderungen sollten UV-C-Strahlungseinstellungen identifiziert und Parameter-Materialeigenschaft-Korrelationen hergeleitet werden.

Lösungsweg

Ausgewählte Leder, PVC- und PUR-beschichtete Textilien (Kunstleder) unterschiedlicher Produktqualität durchliefen zunächst definiert parametrisierte zeitraffende UV-C-Alterungsszenarien. Zur Festlegung relevanter Prüfparameter waren unter Beachtung der technischen Grenzen des Prüfgerätes die in der Praxis angewandten Bestrahlungsbedingungen während einer Oberflächendesinfektion mittels UV-C-Strahlung maßgeblich. In der Literatur wird zur Eliminierung einer breiten Palette von Mikroorganismen (z. B. SARS-CoV2, Polioviren, Adenoviren) eine Einzeldosis der Strahlungsenergie von 0,3 J/cm2 angegeben. Diese Strahlungsenergie entspricht einer einmaligen Polymeroberflächen-Behandlung mit UV-C-Strahlung (Wellenlänge = 254 nm). Es wurden 3 Alterungszenarien durch Variation der kumulierten Strahlungsenergie erprobt, welche Behandlungszeiträumen von 1 Monat, 5 Jahren und 10 Jahren bei einmal täglicher Anwendung entsprachen. Nach den Belastungsszenarien wurden die UV-C-gealterten Proben anhand visueller und haptischer Wahrnehmungsveränderungen sowie bezüglich gebrauchsrelevanter physikalischer Kenngrößen gegenüber ihren Ausgangs- und Zwischenalterungszuständen beurteilt. Begleitet von chemischer, thermochemischer und spektroskopischer Analytik zur Aufklärung von möglichen Abbauprozessen sollten mit Hilfe aller Untersuchungen die Applikationsbedingungen und Zielparameter identifiziert werden, welche die Alterungseffekte und Grenzbelastungen für die jeweilige Materialklasse bestmöglich abbilden.

Ergebnisse

Im Rahmen des FuE-Vorhabens ist es gelungen, eine standardisierbare reproduzierbare Prüfmethodik zur Nachstellung realistischer UV-C-Belastungen sowie zum Nachweis und zur Beurteilung der UV-C-alterungsbedingten Eigenschaftsänderungen von Leder und PVC- oder PUR-beschichteten Textilien zu entwickeln. Es wurden drei verschiedene Expositionsbedingungen (1, 5 und 10 Jahre) eingeführt. Als verwertbare und sensitive quantitative Methoden zur Merkmalserkennung erwiesen sich die instrumentelle Bestimmung der Farbänderung, insbesondere der Vergilbung, und die Messung der Änderung des Gleitreibungskoeffizienten. Anhand von Probandenbefragungen zur subjektiven Wahrnehmung konnten die Messergebnisse weitestgehend bestätigt werden. In Anlehnung an Liefervorschriften der Automobilhersteller wurden für die Vergilbung db* und den Gleitreibungskoeffizienten dµR,G maximal zulässige alterungsbedingte Änderungen von 0,5 bzw. +/-0,05 determiniert. Die Mehrzahl der Untersuchungswerkstoffe überschritten diese Grenzwerte bereits nach einer UV-C-Exposition, repräsentativ für eine einjährige tägliche Behandlung. Hinsichtlich der Vergilbung wurde die Grenzbelastung bei einem Ledermaterial, zwei PVC-beschichteten Textilien und einem eLeather bereits nach wenigen Monaten erreicht, was vereinfacht auch eine deutliche Verkürzung ihrer Lebensdauer prognostiziert.

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