Das Pyrolyse-GC/MS-Screening (Py-GC/MS) ist eine leistungsfähige analytische Methode zur qualitativen Identifizierung der organischen Hauptbestandteile komplexer Materialien wie Leder, Kunstleder und technischer Textilien. Sie dient insbesondere der Materialcharakterisierung, Vergleichsanalytik und Identifizierung unbekannter Polymere oder Verbundmaterialien.
Prinzip der Methode
Bei der Pyrolyse wird eine kleine Materialprobe (typischerweise wenige Mikrogramm) in einem inerten Gasstrom kontrolliert erhitzt – meist auf Temperaturen zwischen 500 und 700 °C. Dabei werden die makromolekularen Strukturen thermisch zersetzt („gecrackt“), sodass kleinere, flüchtige Fragmente entstehen. Diese Zersetzungsprodukte werden anschließend mittels Gaschromatographie (GC) getrennt und Massenspektrometrie (MS) detektiert.
Unterschied zur Thermodesorption
Die Thermodesorptions-GC/MS eignet sich ausschließlich zur Analyse flüchtiger und semi-flüchtiger organischer Substanzen (z. B. Weichmacher, Restmonomere, Lösungsmittel, Additive).
Die Pyrolyse-GC/MS hingegen erlaubt durch die thermische Zersetzung der polymeren Matrix die Untersuchung nichtflüchtiger, hochmolekularer Materialbestandteile. Damit können auch die Grundpolymere oder die organischen Hauptkomponenten eines Materials identifiziert werden – unabhängig davon, ob es sich um natürliche, synthetische oder Verbundwerkstoffe handelt.
Anwendung im Bereich Leder und technische Textilien
Leder: Identifizierung des Kollagens als Hauptbestandteil, Nachweis von Beschichtungen, Harzen oder synthetischen Bindemitteln in Zurichtungen.
Kunstleder: Differenzierung von Polymermatrizen wie PVC, PU, PA, PET oder Acrylaten, inklusive Trägerschicht und Deckschicht.
Technische Textilien: Bestimmung der eingesetzten Fasertypen (Polyester, Polyamid, Polypropylen etc.) sowie von Polymer- oder Harzbeschichtungen.
Verbundmaterialien: Aufschlüsselung mehrschichtiger Strukturen (z. B. Textilträger + Schaum + Folie) durch gezielte Probenahme.
Ergebnisdarstellung
Die Auswertung erfolgt über charakteristische Pyrolysate und Massenspektren, die mit Referenzdatenbanken verglichen werden.
Vorteile
Ermittlung der Materialzusammensetzung auch bei unbekannten oder mehrschichtigen Materialien
Schnelle und sichere Identifizierung organischer Matrixkomponenten
Ergänzende Information zur Thermodesorptionsanalyse
Kleine Probenmengen erforderlich
Breites Anwendungsspektrum von Forschung bis Qualitätssicherung

