Anwendung von Thiol-Aminosäuren im reduktiven Äscherprozess

BMWi INNO-KOM-Ost MF 160001 | Laufzeit: 09.2016 – 12.2018 Enno Klüver, Ines Stachel, Michael Meyer, FILK Freiberg
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  • Leder

Ausgangssituation

Während der Lederherstellung erfolgt die Enthaarung von Rinderhäuten üblicherweise durch einen reduktiven alkalischen Äscher unter Einsatz von Natriumsulfid. Diese Chemikalie ist effektiv, preisgünstig und seit langem in Gerbereien etabliert. Natriumsulfid ist aber auch ätzend und giftig, was insbesondere auf die mögliche Bildung von Schwefelwasserstoff zurückzuführen ist, und belastet das Abwasser. Seit langem wird daher nach toxikologisch unbedenklichen Ersatzstoffen gesucht. Die in der Literatur diskutierten Alternativen, wie Thioglykolsäure, Amine, Natriumchlorit, Peroxoverbindungen oder Enzyme, sind oft nicht weniger giftig oder weisen andere Nachteile auf, wie z. B. toxische Nebenprodukte, exotherme Reaktionsbedingungen oder hohe Kosten. Bislang konnte sich keine alternative Technologie in der Lederindustrie in nennenswertem Umfang etablieren.

Projektziel

Das Projekt verfolgte drei Ansätze: (1) Natriumsulfid sollte durch thiolhaltige Aminosäuren (Cystein oder Homocystein) substituiert werden. Sie sind nicht toxisch und können in alkalischem Milieu reduktiv wirken. (2) Das relative teure Homocystein sollte in einer chemischen Umwandlung aus dem wesentlich günstigeren Methionin hergestellt werden. Kriterien für das gesuchte Verfahren waren: Einsatz günstiger Chemikalien, moderate Reaktionsbedingungen und Skalierbarkeit. (3) Keratinhydrolysate sollten auf ihren möglichen Einsatz als Enthaarungsreagenz untersucht werden. Sie enthalten thiolhaltige Peptide und sollten in Analogie zu den reinen Aminosäuren ebenfalls reduktive Eigenschaften aufweisen.

Lösungsweg

(1) Kommerziell erhältliches Cystein und Homocystein-Thiolacton wurden anstelle von Natriumsulfid unter alkalischen Bedingungen (Kalkäscher, pH 12,5, bzw. Natronlaugeäscher, pH 13,5) in Mengen zwischen 6 und 10 % (bzgl. Hautgewicht) zur Enthaarung von Rinderhaut eingesetzt. Die entstandenen Blößen und zugehörigen Wet-blues (nach Standardchromgerbung) wurden optisch bewertet.

(2) Kommerziell erhältliches Methionin wurde in einer zweistufigen Reaktion zu Homocystein umgesetzt. Im ersten Schritt wurde Methionin in 64 %iger Schwefelsäure demethyliert und das entstandene Homocystin im zweiten Schritt durch Zinnpulver in salzsaurer Lösung zu Homocystein reduziert. Die Identität der Reaktionsprodukte wurde durch HPLC-Analyse bestätigt. Mit dem synthetisierten Homocystein wurden Äscherversuche durchgeführt.

(3) Rinder- und Pferdehaare wurden in analytischem Maßstab unter verschiedenen Bedingungen hydrolysiert und die Hydrolysate hinsichtlich des Vorliegens freier Thiolgruppen analysiert. Ausgewählte Methoden wurden im Labormaßstab wiederholt und mit den Hydrolysaten Enthaarungsversuche durchgeführt.

Ergebnisse

(1) Cystein und Homocystein wirken unter alkalischen Bedingungen in Mengen ab 8 % als effektive Enthaarungsmittel und können so Natriumsulfid im herkömmlichen alkalischen Äscher komplett ersetzen.

(2) Homocystein lässt sich in einer Zweistufen-Reaktion aus Methionin rein herstellen. Die resultierende Lösung enthält neben Homocystein auch Homocystein-Thiolacton, das sich bei Lagerung in die offenkettige Form umwandelt. Die Homocystein-Lösung kann ohne weitere Reinigung oder Trocknung direkt im Äscher zur Enthaarung eingesetzt werden.

(3) In alkalischen Keratinhydrolysaten können analytisch freie Thiolgruppen nachgewiesen werden. Äscherversuche mit ausgewählten Hydrolysaten an Rinderhaut waren allerdings nicht erfolgreich.

   

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Danksagung

Das Forschungsvorhaben „Anwendung von Thiol-Aminosäuren im reduktiven Äscherprozess“, Reg.-Nr.: MF160001 wurde anteilig vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages innerhalb des Förderprogramms „FuE-Förderung gemeinnütziger externer Industrieforschungseinrichtungen in Ostdeutschland – Modul Marktorientierte Forschung und Entwicklung (MF)“ über den Projektträger EuroNorm GmbH gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.

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