Dist2Slip – Ermittlung des Weges bis es knarzt

BMWK INNO-KOM 49MF210118 | Laufzeit: 11.2021 – 10.2023 Martin Strangfeld, FILK Freiberg
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AUSGANGSSITUATION

Die Projektidee entstand im Rahmen der SRCA („Squeak and Rattle Competence Arena“), einem Netzwerk mehrerer internationaler Industrie- und Forschungspartner zur gemeinsamen Behandlung von Fragestellungen rund um die Störgeräuschproblematik im Fahrzeug, inklusive Prüfung, Simulation, Vorhersage und Prävention. Störgeräusche im Automobil, welche durch den Stick-Slip-Effekt hervorgerufen werden, sind zunehmend einer der häufigeren Reklamationsgründe und stellen somit ein wesentliches Qualitätsmerkmal dar. Zur Lösung diverser Probleme wird dafür präventiv die Stick-Slip-Prüfung an den kontaktierenden Materialien eingesetzt. Diese besitzt jedoch noch Lücken in ihrer Aussagekraft, wenn es um sehr flexible Materialien und reale, stochastische Anregungen geht.

Die Flexibilität einer Dichtung kann die eigentliche Relativbewegung im Kontakt oft durch Haftung überbrücken. Dies wird jedoch in keinem Kennwert bisher abgebildet. Bisher werden nur die auftretenden Stick-Slip-Schwingungen analysiert. Für die Entstehung von Stick-Slip-Effekten ist aber nicht nur der mittlere Weg zwischen zwei Stick-Slip-Schwingungen in der Gleitreibungsphase wichtig, sondern zusätzlich auch die notwendige relative Verschiebung bis zum ersten Abriss des Dichtkontaktes. Dieser Weg bis zum ersten Abriss ist aber von sehr vielen Faktoren abhängig und mit derzeitigen Methoden weder experimentell noch simulativ zugänglich.

PROJEKTZIEL

Ziel des Projektes war die Entwicklung einer Prüfmethode zur Bestimmung des Stick-Slip-Risikos von Dichtungen, die über die Einbeziehung der Bestimmung des Weges bis zum ersten Abriss von Dichtkontakten und einer stochastischen Anregung der Reibpaarung während der Prüfung zu einer realitätsnahen Ermittlung des Stick-Slip-Risikos von Reibpaarungen mit Dichtungen führt.

LÖSUNGSWEG

Anhand von zeitsynchronen Reibkraftänderungen, Beschleunigungssignalen und Schlittenweginformationen wurden verschiedene Algorithmusansätze zur eindeutigen Bestimmung des ersten Übergangs zwischen Haft- und Gleitreibung gewählt und entwickelt. Für die Untersuchungen wurden verschiedene Dichtungsgeometrien aus aktuellen Fahrzeugen genutzt und unter verschiedenen Belastungen mit Hilfe des Stick-Slip-Prüfstands charakterisiert. Anhand des entwickelten Algorithmus wurden anschließend Einflüsse wie Relativgeschwindigkeit, Normalkraft und Messrichtung auf den Weg bis zum ersten Abriss betrachtet.

ERGEBNISSE | NUTZEN

Mit Hilfe von synchron aufgezeichneten Reibkraft- und Positionskurven ist der entwickelte Algorithmus anwendbar auf lineare, sinusförmige und stochastische Anregungsformen. Es wird jeweils für jede Hin- und Rückbewegung der Reibpaarung der Übergang vom Haften ins Gleiten bestimmt und damit der Weg bis zum ersten Abriss ermittelt (Abbildung 1). Dieser Weg ist stark abhängig von der applizierten Normalkraft. Je höher die Normalkraft oder die Pressung der Dichtung ist, desto länger ist dieser Weg. Bei Erhöhung der Geschwindigkeit ist es abhängig von der Dichtungsgeometrie und der Lackierung, ob eine Zunahme oder eine Abnahme der Wege bis zum Abriss erzeugt wird. Bei Hohlkammerdichtungen kann eindeutig der Unterschied von der Reibrichtung (entlang oder quer zur Hohlkammer) ermittelt werden. Somit ist es schlussendlich möglich ein Worst-Case-Szenario zu bestimmen, welches den geringsten aller Wege in Abhängigkeit der Belastung der Dichtung im Labor ermittelt. Zudem sind Einflüsse wie verschiedene Klimata, Dichtungsgeometrien und Lackierungen detektierbar. Mit diesen Erkenntnissen kann die Knarzanfälligkeit eines Automobils stark verringert und die Materialoptimierung verbessert werden. Dieser Algorithmus soll zukünftig im Rahmen der virtuellen Fahrzeugentwicklung Anwendung finden und nützt demnach sowohl der automotiven Zuliefererindustrie als auch dem OEM (Original Equipment Manufacturer) selbst.

   

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Dank

Das Forschungsvorhaben „Dist2Slip – Ermittlung des Weges bis es knarzt“, Reg.-Nr.: 49MF210118 wurde anteilig vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages innerhalb des Förderprogramms „FuE-Förderung gemeinnütziger externer Industrieforschungseinrichtungen – Innovationskompetenz (INNO-KOM) – Modul Marktorientierte Forschung und Entwicklung (MF)“ über den Projektträger EuroNorm GmbH gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.

Kontakt

FILK Freiberg Institute gGmbH
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