Ausgangssituation
Als einer der ältesten und wichtigsten Industriezweige spielt die Textilindustrie eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer nachhaltigen industriellen Produktion. Die Herstellung synthetischer Fasern verbraucht enorme Mengen fossiler Ressourcen als Rohstoff und zur Bereitstellung der benötigten Prozesswärme.
Das Projekt GOLD beschäftigte sich daher mit der Entwicklung eines alternativen, nachhaltigen Textilmaterials auf Basis eines natürlichen Rohstoffs, der Goldschlägerhaut. Bei der Goldschlägerhaut handelt es sich um die äußere Gewebeschicht der bovinen Blinddarmserosa. Sie besteht überwiegend aus Kollagen, dem im tierischen Organismus am weitesten verbreiteten Strukturprotein.
Die Bezeichnung Goldschlägerhaut leitet sich von der früheren Verwendung als besonders dünne Trennschicht beim Schlagen von Blattgold ab. Die Inuitvölker am Polarkreis nutzten Goldschlägerhaut als Grundmaterial zur Herstellung wasserabweisender Parkas. Im 1. Weltkrieg wurde Goldschlägerhaut im industriellen Maßstab für die Herstellung von Gasballons für Zeppeline verwendet.
Projektziel
Das Ziel des Projektes GOLD bestand in der Charakterisierung der Goldschlägerhaut hinsichtlich ihrer Eigenschaften sowie der genetischen Grundlagen der Biosynthese dieses Materials. Dadurch sollte die Basis für ein anschließendes Projekt zur biotechnologischen Produktion rekombinanter Proteinfasern geschaffen werden. Zusätzlich sollte ein tragbarer Prototyp auf Basis des nativen Gewebes entwickelt werden.
Lösungsweg
Innerhalb des Vorhabens wurde eine Methode zur Separation der Goldschlägerhaut aus bovinen Blinddärmen entwickelt. Das gewonnene Material wurde umfassend auf seine mechanischen und strukturellen Eigenschaften geprüft. Die Analyse der chemischen Beschaffenheit der Goldschlägerhaut erfolgte entsprechend dem ASTM-Standard F2212. Aus dem nativen Gewebe wurde außerdem RNA für die nachfolgende Sequenzierung und Analyse isoliert.
Ergebnisse | Nutzen
Zunächst wurde ein manuelles Verfahren zur Präparation der Goldschlägerhaut von bovinen Blinddärmen im feuchten Zustand entwickelt. Es resultierte eine dünne, transparente Membran, die zu über 90 % aus Kollagen besteht. Neben weiteren extrazellulären Bestandteilen (Hyaluron, sulfatierte Glykosaminoglykane und Elastin) konnten außerdem geringe Anteile an Fett und anorganischen Bestandteilen festgestellt werden. Mithilfe etablierter Analysemethoden, wie der Aminosäureanalyse, der DSC-Messung, der Bestimmung freier Amine und dem enzymatischen Verdau, entstand das typische Profil eines nativen, unvernetzten Kollagenmaterials. Die bildgebenden Verfahren (AFM, REM) zeigten einzelne Kollagenfibrillen und die für Kollagen typischen D-Banden (siehe Abb. 1).
Über die verwendeten massenspektrometrischen Methoden konnten verschiedene Kollagentypen als auch andere Proteine der extrazellulären Matrix nachgewiesen, jedoch nicht quantifiziert werden. Im feuchten Zustand ist die Goldschlägerhaut besonders dehnbar. Die getrocknete Membran ist mechanisch stabil und eignet sich zur Herstellung textiler Produkte. Zur Demonstration der Verarbeitungseigenschaften wurde vom Projektpartner WINT eine tragbare Jacke designt und hergestellt (siehe Abb. 2).
Auf Grundlage der in diesem Projekt erhaltenen Ergebnisse ergeben sich Entwicklungspotentiale im Bereich biobasierter Textilien, beispielsweise für die biotechnologische Herstellung rekombinanter Kollagenfasern oder die Herstellung von Kollagenfäden und -garnen.
Dank
Das Projekt "GOLD : Goldschlägerhaut – Entschlüsselung der Kuhserosa für die Biofabrikation von elastischen Textilien" (031B1125D) wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des durch adidas und das Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen geleiteten Innovationsraumes "BIOTEXFUTURE" über den Projektträger Jülich gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.