Ausgangssituation
Für eine kundenorientierte, nachhaltige Produktentwicklung ist es wünschenswert, durch objektive Verfahren sicherzustellen, dass neue Materialien von Kunden als hochwertig wahrgenommen werden. Erst durch einen qualitativ hochwertigen, multisensorischen Eindruck wird der Kunde sich zum Kauf des Produktes entschließen. Somit müssen gezielt die sensorischen Eigenschaften von Produkten optimiert werden. Für Verfahren zur sensorischen Äquivalenz- oder Vergleichsanalyse werden üblicherweise Humanstudien betrieben, die jedoch sehr ressourcenaufwändig sind.
Projektziel
Ziel dieses Forschungsvorhabens war daher die Entwicklung eines objektiven Vorgehens zur Messung der multisensorischen Qualitätswahrnehmung von lederartigen Sitzbezugsmaterialien (s. Grafik).
Unter dem multisensorischen Ansatz wurde verstanden, dass sich die haptische Gesamtwahrnehmung nicht nur aus dem Berühren speist, sondern die optische Erscheinung und Geräusche beim Berühren (Akustik) diese Gesamtwahrnehmung ebenfalls beeinflussen.
Lösungsweg
Für die Durchführung der Untersuchungen war eine breite Palette im Automobilinnenraum und Polsterbereich gängiger Bezugsmaterialien notwendig. Es wurden Materialproben verschiedener Leder, Kunstleder und Trendsubstitute beschafft. Mittels verschiedener Messverfahren wurden physikalische Parameter gemessen, von denen angenommen wurde, dass sie einen Einfluss auf die subjektive haptische Wahrnehmung der Proben haben (z. B. Rauheit, Glanz, Farbe, Lautheit).
30 Materialien kamen in sensorischen Probandenstudien, die getrennt nach rein haptischen, optischen und akustischen Wahrnehmungen durchgeführt wurden, zum Einsatz. Die erhobenen Daten wurden ausgewertet. Es wurden sowohl Korrelationsanalysen der subjektiven Kennwerte untereinander als auch der subjektiven Kennwerte mit den objektiven Kennwerten (Messwerte) durchgeführt. Weiterhin wurden Prognosemodelle nach den Ansätzen "multiple lineare Regression", "Klassifikationsbäume" und "neuronale Netze" erstellt.
Ergebnisse | Nutzen
Durch die Korrelationsanalysen konnte die Vielzahl an Kennwerten in der objektiven Ermittlung reduziert werden. Somit ist es für künftige Untersuchungen möglich, wesentlich mehr Datensätze in gleicher Zeit zu erzeugen. Die erstellten Prognosemodelle führten nicht zu einer Vorhersage der haptischen Gesamtwahrnehmung für die untersuchten Proben. Als Ursache wird die zu geringe Anzahl an Datensätzen gesehen, die in die Untersuchungen eingeflossen sind. Die Modellansätze können jedoch unverändert beibehalten und jeweils auch mit weiteren Datensätzen ergänzt und optimiert werden. Die aus den Ergebnissen des Projektes ableitbare Messvorschrift enthält unter Berücksichtigung von Korrelationen die Bestimmung von Kennwerten an 3 Geräten: dem TSA-Tissue Softness Analyzer (Deformation), dem Universal Surface Tester (Rauheit und Dämpfung) und dem Reibungsprüfgerät „SSP“ (Reibung). Dies könnte für zukünftige Ermittlungen der relevanten Einflüsse auf das multisensorische Empfinden Anwendung finden.
Das Projekt konnte teilweise erfolgreich abgeschlossen werden. Auch wenn noch kein finales Prognosemodell das Empfinden von Leder, Kunstleder und Trendsubstituten beschreibt, so sind eine Vielzahl an Erkenntnissen aus dem Projekt hervorgegangen, welche für die zukünftige Forschung als Ansätze zur Optimierung und Weiterentwicklung der Objektivierung der humanphysiologischen Beurteilung dienen.
Dank
Das IGF-Vorhaben 21350 BG der Forschungsvereinigung „FILK Freiberg Institute gGmbH, Meißner Ring 1-5, 09599 Freiberg“ wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der „Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF)“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.