AUSGANGSSITUATION
Kunststoffe auf Polypropylen-Basis sind u. a. in der Automobilindustrie aus Gründen der Gewichtsreduktion weit verbreitet. Für dekorative Anwendungen (insbesondere Kfz) werden PP-Anbauteile hochwertig beschichtet, wobei zunächst die Vorreinigung der Kunststoff-Bauteile, danach die Aktivierung der Oberfläche und schließlich eine dreischichtige Lackierung (Haftprimer + farbgebender Basislack + Klarlack) Stand der Technik sind. Trotz hoher Produktionsstandards kann es dabei zu Haftfestigkeitsproblemen kommen, die dann insbesondere im Druckwasserstrahltest und hieraus abgeleiteten Werksnormen offenbart werden. Zur Rationalisierung und Kosteneinsparung wird in jüngster Zeit teilweise zu primerlosen Beschichtungsaufbauten auf PP-Bauteilen übergegangen, was das potenzielle Risiko des Haftversagens weiter erhöht.
PROJEKTZIEL
Ziele dieses Forschungsvorhabens waren die Anpassung und Optimierung von Substratzusammensetzung, Spritzgussparametern und Vorbehandlungsprozessen für eine zuverlässige primerlose Beschichtung. Konkret sollten die Prozesse Reinigung und Oberflächenaktivierung mittels Beflammung und alternativer Verfahren (Plasmabehandlung sowie Beflammung mit Silikatisierung) eingehend untersucht und die optimalen Bedingungen für den primerlosen Lackierprozess erarbeitet werden. Ein weiterer Schwerpunkt zum Erreichen eines sicheren Lackierprozesses sollten die Untersuchungen zum Einfluss der Füllstoffcharakteristika im Substrat und der Colösemittel des Basislacks im Hinblick auf die Lackhaftfestigkeit sein. Analysen bei Haftversagen ermöglichen eine Eingrenzung der Fehler und lassen Zusammenhänge von Substratmorphologie und Haftfestigkeit zu, was letztendlich die Prozesssicherheit der Beschichtung stärkt.
LÖSUNGSWEG
Die Prozesse Reinigung und Oberflächenaktivierung mittels Beflammung oder alternativer Verfahren (Plasma und Beflammung mit Silikatisierung) wurden untersucht und optimierte Bedingungen für den primerlosen Lackierprozess und die Bewertung von Eigenschaften erarbeitet. Analysen bei Haftversagen ermöglichten eine Eingrenzung der Fehler und zeigten Zusammenhänge zwischen Substratmorphologie und Haftfestigkeit auf.
ERGEBNISSE | NUTZEN
Im Rahmen dieses Projektes wurden unterschiedliche Kunststoffsubstrate und unterschiedliche, auf kommerziellen Beschichtungsstoffen basierende Lackaufbauten getestet. Im Ergebnis konnten u. a. folgende Aussagen abgeleitet werden:
Von zwei getesteten Druckwasserstrahl-Werksnormen war keine für experimentelle Vergleiche geeignet, so dass neue Testvarianten entwickelt werden mussten.
Alle drei getesteten Reinigungsverfahren (Powerwash, Schwertbürste, CO2-Schneestrahlen) erhöhen erwartungsgemäß die Oberflächenenergie, so dass die Lackbenetzung und Untergrundhaftung dadurch erst ermöglicht wird. Ggf. nachweisbare Unterschiede der Oberflächenenergie zwischen diesen drei Verfahren führten dann aber nicht zu signifikanten Haftungsunterschieden.
Unter den drei getesteten Kunststoffsubstraten konnte eine Auswahl getroffen werden.
Alternative Aktivierungsmethoden (Plasma oder Beflammung mit Silikatisierung) bringen wenig oder keine Vorteile.
Bei allen Substrat-Lack-Kombinationen sowie für alle Reinigungs- und Aktivierungsvarianten wurde Kohäsionsbruch im Substrat als Versagensmechanismus nachgewiesen (Abb.1).
Mit dem vorliegenden Projekt wurde ein großer potenzieller Nutzerkreis erreicht, da hier Spritzgießen, Reinigungs- und Aktivierungsprozesse auf schwierig zu beschichtenden PP-Werkstoffen betrachtet wurden. Das erarbeitete Wissen steigert die Wettbewerbsfähigkeit von KMU-geprägten Automobilzulieferern, die ihre Prozesse an die primerlose Lackierung anpassen müssen.
Dank
Das IGF-Vorhaben 21123 BG wurde über die AiF und die Forschungsgesellschaft Pigmente und Lacke e. V. (FPL) im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.