AUFGABENSTELLUNG | MOTIVATION
Für die Stabilisierung von Frakturen und die Verankerung von Transplantaten im Kiefer hat sich Titan als herausragendes Material herausgestellt. Obwohl es aufgrund der guten Korrosionsbeständigkeit, der guten mechanischen Eigenschaften und der hervorragenden Biokompatibilität ein ideales Material ist, heilen Titanimplantate nicht immer im Körper ein. Mangelhafte Oberflächenkompatibilitäten und hohe Keimbelastungen in der Mundhöhle sind häufige Ursachen für ein frühes Implantatversagen. Ohne antibiotische Abschirmung werden hier Infektionsraten von bis zu 80 % beobachtet. Aufgrund der mikrobiellen Besiedelung von Mund und Rachen sind auch unter perioperativer Antibiotikaapplikation postoperative Infektionen mit einer Prävalenz von 26 – 48 % nicht selten. Eine Reduktion des Einsatzes von Antibiotika ist allerdings besonders hinsichtlich der bereits vielfach auftretenden Antibiotikaresistenzen sowie antibiotikaassoziierten Nebenwirkungen von hoher klinischer Relevanz.
PROJEKTZIEL | ARBEITSHYPOTHESE
Ziel des Projekts ist die Reduktion des Antibiotikaeinsatzes bei Operationen in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG). Dazu ist die Entwicklung einer bioaktiven Oberflächenbeschichtung für Titan-Implantate geplant, welche die Keimlast in der Wunde reduziert. Die antimikrobielle Wirkung soll im Gegensatz zu den in der Literatur beschriebenen, nur begrenzt wirksamen Strategien durch die Induktion der natürlichen Immunabwehr des Körpers erreicht werden. Hierzu werden pflanzliche Arzneimittel, die eine Freisetzung von antimikrobiellen Peptiden (AMPs) im Patientengewebe stimulieren, eingesetzt. Um eine anhaltende Freisetzung der Substanzen vom Implantat zu erreichen, sollen die Pflanzenstoffe in eine kovalent immobilisierte Trägermatrix aus Kollagen integriert werden. Für die ausreichende Stabilität der Beschichtung auf dem Titan wird die Implantatoberfläche mittels additiver Fertigung strukturiert. Die Kombination aus der Stimulation der Immunabwehr und der osteokonduktiv wirkenden Beschichtung verbessert die Osseo- und Weichgewebsintegration und fördert die Heilung.
NUTZEN | AUSBLICK
Die im Vorhaben angestrebten Entwicklungen stellen eine wesentliche Verbesserung bestehender Produkte dar. Eine antimikrobiell wirksame Oberfläche resultiert in einer geringeren Infektionsrate. Die Integration des Implantates in das umliegende Gewebe wird weiterhin durch die biologisierte, osteokonduktiv wirkende Beschichtung verbessert. Das Risiko eines frühzeitigen Implantatverlustes kann so minimiert und Lebensqualität der Patienten verbessert werden. Die im Vorhaben zu entwickelnde Methodik soll es den Herstellern von Implantaten im MKG-Bereich ermöglichen, ihre bestehende Produktpalette um innovative, antimikrobiell wirksame, individuelle und gleichzeitig osteokonduktive Implantate zu erweitern. Der sich daraus ergebende Wettbewerbsvorteil resultiert in neuen Aufträgen, die eine Sicherung bestehender und eine Schaffung neuer Arbeitsplätze ermöglichen.
FORMALE ANGABEN | PROJEKTLeiTER FILK | PROJEKTPARTNER |
Programm: IGF Förderkennzeichen: 22991 BR Projektbeginn: 07.2023 Laufzeit: 30 Monate | Tina Hille | Dr. Isabell Hamann, Fraunhofer-IWU Dresden Dr. Lysann Kroschwald, MKG Uniklinikum Dresden |