Fluorierung von Polymeren für die Medizintechnik

BMWK INNO-KOM 49VF200026 | Laufzeit: 01.2021 – 06.2023 Michaela Schröpfer, Ina Prade, FILK Freiberg
  • Kategorien:
  • Biomaterialien
  • Dünnbeschichtungen

Ausgangssituation

Synthetische Polymere werden viel­fältig in der Medizin­technik einge­setzt. Sie können ent­weder bio­stabil oder bio­resorbierbar sein. Die Anwendungs­palette reicht dabei von einfachem medizi­nischen Verbrauchs­material, 2D-Zell­kultur­gefäßen über 3D-Gerüst­materialien für Gewebe­rekonstruk­tionen (Tissue Engineering) bis hin zu dauer­haften bio­stabilen oder temporären bio­resorbier­baren Implan­taten. Neben den mecha­nischen und chemischen Gesamt­eigen­schaften solcher Polymere spielen die Ober­flächen­eigen­schaften eine besondere Rolle. Die Ober­flächen von synthe­tischen Poly­meren sind in der Regel aufgrund mangelnder Hydro­philie und fehlender funktio­neller Gruppen wenig zell­freundlich. Die Modifi­zierung solcher Ober­flächen hin zu verbesserter Protein- und Zell­anhaftung ist deshalb von essen­tieller Bedeutung bei der Ent­wicklung solcher Materialien im Medizin­produkt­bereich.

Projektziel

Ziel des Forschungsprojektes war es, die Eignung der Gasphasenfluorierung zur Modifizierung ausgewählter biostabiler und bioresorbierbarer Polymeroberflächen für die Verbesserung der Anhaftung, Ausbreitung und Differenzierung von ausgewählten Zelltypen zu untersuchen. Es sollten Polymere mit unterschiedlicher chemischer Struktur (sauerstoffhaltige Kohlenwasserstoffe und reine Kohlenwasserstoffe), deren Oberflächen hydrophob und unpolar sind, fluoriert werden. Durch systematische Variation der Fluorierungsbedingungen sollten allgemeine Gesetzmäßigkeiten hinsichtlich chemischer Natur der Polymere, dem Fluorierungsgrad und den daraus resultierenden physikalischen Oberflächeneigenschaften ermittelt werden. Aus den Zellantworten in Abhängigkeit von den Eigenschaften der Polymeroberflächen sollte dann weiter nach Korrelationen zwischen physikalischen Oberflächeneigenschaften und biologischen Parametern gesucht werden. Ein weiteres Ziel war die Verfahrensoptimierung für die gezielte Einstellung definierter Oberflächeneigenschaften von Biomaterialien.

Lösungsweg

Unterschiedliche biostabile und biodegradierbare Polymere wurden beschafft und die daraus erhaltenen Folien in einem Batch-Reaktor mit F₂-Konzentrationen zwischen 0 und 10 % mit Stickstoff oder Luft als Spülgas und konstantem Druck fluoriert. Die chemische Zusammensetzung der fluorierten und unfluorierten Polymeroberflächen wurde mittels XPS und FT-IR im ATR-Modus mit einem Diamantkristall untersucht. Als physikalische Oberflächenparameter wurden im Projekt die Oberflächenenergien und isoelektrischen Punkte betrachtet. Die Oberflächenenergien wurden über Kontaktwinkelmessungen mit unterschiedlich polaren Flüssigkeiten nach der OWRK-Methode bestimmt. Die Bestimmung des isoelektrischen Punktes erfolgte mit einem Zeta-Potential-Messgerät für flächige Proben und einer speziellen Stempelmesszelle. Dabei wurde das Zetapotential in Abhängigkeit vom pH-Wert gemessen. Weiterhin erfolgten Zellversuche (z. B. Zytotoxität, initiale Zelladhäsion, Proteinadsorption) und Alterungsuntersuchungen.

Ergebnisse | Nutzen

Im Ergebnis konnten neue Erkenntnisse zum Mechanismus der Oberflächenmodifizierung durch Gasphasenfluorierung in Abhängigkeit von der chemischen Zusammensetzung des zu fluorierenden Polymers gewonnen sowie ein Zusammenhang zwischen dem Fluorierungsgrad einer Polymerkette und den Oberflächeneigenschaften wie Polaritäten, Hydrophilie/Hydrophobizität und Ladungsdichte festgestellt werden.

Die Prozessbedingungen wurden optimiert und die Fluorkonzentration im Reaktor den Polymeren angepasst. Weiter konnte gezeigt werden, dass durch die Hydrophilierung der Polymeroberflächen infolge der Fluorierung/Oxifluorierung die Proteinadsorption an diesen Oberflächen gesteigert werden kann. Die Erhöhung der Proteinadsorption führt zu einer Verbesserung der Zellantwort. Die Zellantworten (Zelladhäsion, Zellausbreitung) können durch Fluorierung von unpolaren Polymeroberflächen erheblich verbessert werden.

Im Langzeitverhalten nahm bei den Polymeren, bei denen die Erhöhung der Polarität und Hydrophilie hauptsächlich durch eine Oxifluorierung und die Bildung von sauerstoffhaltigen Gruppen verursacht wird, die Polarität nach 2 – 3 Monaten langsam wieder ab. Bei PLA, bei dem die Erhöhung der Oberflächenpolarität direkt durch das in die Polymerkette kovalent eingebaute Fluor verursacht wird, ist die Oberflächenmodifikation wesentlich länger stabil. Die Zelladhäsion ist unabhängig davon auch nach Lagerzeiten von 2,5 Jahren noch signifikant besser als bei unfluorierten Polymeroberflächen.

Durch Modifizierung von Polymeroberflächen und der damit einhergehenden Änderung der Oberflächenenergie kann die Anwendungsbreite von Polymeren, insbesondere PEEK, erweitert werden. Besonderes Interesse am Projektergebnis haben Hersteller von Medizintechnik wie auch Hersteller von Medizinprodukten, die sich mit der 2D- und 3D-Kultivierung von Zellen beschäftigen. Eine adhäsionsfördernde Oberflächenbehandlung zur Verbesserung der Gewebe- und Knochenneubildung ist ebenso in der Zahnheilkunde von großer Bedeutung. PEEK, der Hochleistungskunststoff Polyetheretherketon, wird darüber hinaus für zahlreiche andere Implantatanwendungen eingesetzt.

   

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Dank

Das Forschungsvorhaben „Fluorierung von Polymeren für die Medizintechnik“, Reg.-Nr.: 49VF200026 wurde anteilig vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages innerhalb des Förderprogramms „FuE-Förderung gemeinnütziger externer Industrieforschungseinrichtungen – Innovationskompetenz (INNO-KOM) – Modul Vorlaufforschung (VF)“ über den Projektträger EuroNorm GmbH gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.

Kontakt

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