AUFGABENSTELLUNG | MOTIVATION
Ob Freizeit- oder Profisport, wo mit ganzem Einsatz um den Sieg gekämpft wird, bleiben Verletzungen nicht aus. 30 % aller Verletzungen im Sport betreffen die Muskeln. Bei einem Muskelfaserriss oder Abriss des Muskels ist der Weg zum Krankenhaus oft obligatorisch. Vor allem an Gelenken in Schulter, Hüfte und Knie laufen viele Muskeln und Bänder zusammen, sodass komplexe und schmerzhafte Verletzungen resultieren. Für die Diagnostik derartiger Verletzungen ist klar zwischen (1) strukturellen Schäden (bspw. Knochenbruch, Sehnenriss) und (2) funktionellen Schäden (bspw. Muskelzerrung) zu unterscheiden. Im Fall von (1) gehören bei Knieverletzungen Röntgen, Ultraschall und Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) zur Routinediagnostik. Mit Ausnahme von offenen Verletzungen wird in 60 – 80 % der Fälle ein MRT zur Diagnose durchgeführt. Bei funktionellen Schäden (2) stellen Muskelzerrungen einen tückischen und häufig vorkommenden Fall dar. Deren Bedeutung wird oft unterschätzt und bildgebende Verfahren können diese nur mittels sehr hochauflösendem MRT identifizieren. Üblicherweise werden funktionelle Tests in Form von Beweglichkeits- und Kraftprüfungen durchgeführt und unterliegen der subjektiven Bewertung des Arztes sowie der willentlichen Bewegungsausführung des Patienten. Ein muskelspezifischer Befund ist nicht möglich. Wenig Beachtung in der Diagnostik findet bisher die Elektromyographie. Sie ist ein hochwertiges diagnostisches Instrument zur funktionellen Befunderhebung der Muskulatur in Ruhe und in Bewegung. Das Elektromyogramm (EMG) misst den Verlauf elektrischer Erregung der Muskulatur. Zu langsam, zu aufwändig – diese zwei Faktoren verhindern bisher die breite Einführung der Elektromyographie in der klinischen Diagnostik. Je zwei EMG-Elektroden müssen bisher sehr präzise auf allen Muskeln platziert werden, um die Aktivierung reproduzierbar zu messen. Eine langwierige Prozedur.
PROJEKTZIEL | ARBEITSHYPOTHESE
Diesen Problemen nimmt sich das Forschungsvorhaben an. Ziel sind Schlüsseltechnologien für ein diagnostisches Werkzeug auf Basis des EMGs zu schaffen, mit dem der Arzt bei einer traumatischen Verletzung des Knies in Folge eines Unfalls oder direkt nach einem chirurgischen Eingriff eine muskuläre Funktionsdiagnose schnell und einfach vornehmen kann. Lösungsansatz ist ein flexibles Elektrodenarray, das alle Elektroden sowie Ableitungskabel in einer elastischen Polymermatrix vereint und mit einem Handgriff appliziert werden kann. Die flächige EMG-Messung mit vielen kleinen Einzelelektroden bietet den Vorteil, dass die exakte Palpation einzelner Muskeln entfällt und der gesamte Muskelapparat in einer Messung aufgenommen werden kann. Zur Auswertung der vielen anfallenden Messsignale wird eine KI entwickelt, die eine Signal-Zuordnung und Vorinterpretation ermöglicht. Im Ergebnis entsteht ein Diagnostik-System.
NUTZEN | AUSBLICK
Bei Erfolg wird das System mobil wie ein Ultraschallgerät, ist im Gegensatz zum Röntgen risikofrei beliebig oft anwendbar und bleibt bei den Anwendungskosten unter dem MRT. Die Messung wird nicht länger dauern als eine konventionelle manuelle Untersuchung, erfasst dabei aber parallel objektive Kennziffern zu jedem einzelnen Muskel.
FORMALE ANGABEN | PROJEKTLeiTER FILK | PROJEKTPARTNER |
Programm: IGF Förderkennzeichen: 22708 BR Projektbeginn: 03.2023 Laufzeit: 24 Monate | Dr. Martin Heise | Andreas Heinke, IBMT TU Dresden |