Ausgangssituation
PUR-Bodenbeläge sind hochwertige, langlebige Produkte. Die Vorteile liegen in der hohen Abriebfestigkeit, Strapazierfähigkeit, Kratz- und Chemikalienbeständigkeit. Sie sind feuchtigkeitsresistent und besitzen eine pflegeleichte Oberfläche. Insbesondere an die Deckschicht werden hohe Anforderungen gestellt. Die Deckschicht ist transparent, robust und schützt die darunterliegenden Schichten vor Umwelteinflüssen wie Licht, Chemikalien und Temperatur. In der Industrie angewandte Formulierungen enthalten zum größten Teil petrochemisch gewonnene Isocyanate und Polyole. Für die geforderte UV-Stabilität müssen aliphatische Isocyanate eingesetzt werden. Neu am Markt erhältliche biobasierte aliphatische Isocyanate könnten in Kombination mit biobasierten Polyolen für die Deckschicht eingesetzt werden, um nachhaltigere Produkte herzustellen. Die üblicherweise verwendeten gesundheitlich bedenklichen zinnorganischen Katalysatoren sollten durch alternative Katalysatoren ersetzt werden.
Projektziel
Ziel des Projektes war es daher, eine PUR-Formulierung mit hohem biobasierten Anteil unter Verwendung eines toxikologisch unbedenklichen Katalysators zu entwickeln, welche für die Deckschicht von elastischen PUR-Bodenbelägen eingesetzt werden kann.
Lösungsweg
Um dieses Ziel zu erreichen, wurden folgende Arbeitsschwerpunkte bearbeitet:
Untersuchung der katalytischen Wirkung toxikologisch unbedenklicher Katalysatoren auf die Polyurethanbildung
Entwicklung einer Formulierung für die Deckschicht von PUR-Bodenbelägen
Kontinuierliche Verarbeitung der Deckschichtformulierung
Im Projekt kamen verschiedene lösemittelfreie biobasierte Isocyanate und Polyole zum Einsatz. Mittels DSC und Rheologie wurde die Wirkung organozinnfreier Katalysatoren in den unterschiedlichen PUR-Formulierungen untersucht. Parallel dazu wurden Versuche zur Schichtbildung an einem Mathis Labcoater durchgeführt. Die optimierte Deckschichtformulierung wurde für den Aufbau eines PUR-Bodenbelags mit Dekorpapier, Glasfaserarmierung, Basisschicht und Rückseitenvlies im Labor- und Technikumsmaßstab eingesetzt, um die Verträglichkeit der neu entwickelten Formulierung zu den üblicherweise eingesetzten Materialien zu testen.
Video – Development of a biobased topcoat for PUR flooring
Ergebnisse | Nutzen
Im Ergebnis wurde eine transparente, robuste Deckschicht mit einem biobasierten Anteil von etwa 77 % unter Verwendung von zwei toxikologisch unbedenklichen Katalysatoren auf Bi-Basis entwickelt. Die Optimierung der PUR-Formulierung hinsichtlich einer ausgewogenen Balance aus Reaktionszeit, -temperatur und Topfzeit war die größte Herausforderung des Projekts. Die optimierte Deckschichtformulierung härtet bei einer Temperatur von 120 °C innerhalb von 4 min aus. Die Viskositätserhöhung dieser Formulierung wurde rheologisch zeitabhängig verfolgt. Nach 6 h beträgt die Viskosität etwa 19 Pas bei einer Scherrate von 100 s⁻¹.
Die Formulierung wurde im kleintechnischen Maßstab verarbeitet und der Komplettaufbau eines PUR-Bodenbelags realisiert. Die Deckschicht ist
Lichtecht (Note 7 BM nach DIN EN ISO 105-B02)
Kratzbeständig (Meißel, Belastung 4000 g nach VDA 230-218)
Abriebbeständig (nach DIN EN ISO 5470-1) und
Fleckbeständig (nach DIN EN ISO 26987)
Mittels Micro-Chamber wurden nur geringe Emissionen der Fertigware von 27 µg/m³ bei 40 °C detektiert. Durch die Entwicklung der PUR-Formulierung für die Deckschicht von Bodenbelägen können schadstoffarme Produkte mit hohem biobasierten Anteil hergestellt werden.
Veröffentlichung
A. Winkler, „Organozinnfreie, biobasierte elastische Bodenbeläge auf PUR-Basis“, Vortrag zum 13. Fußbodenkolloquium, 4. – 5. November 2021, Dresden
Dank
Das Forschungsvorhaben Reg.-Nr.: 49MF200043 „Biobasierte elastische Bodenbeläge auf Basis von Polyurethan“ wurde anteilig vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages innerhalb des Förderprogramms „FuE-Förderung gemeinnütziger externer Industrieforschungseinrichtungen – Innovationskompetenz (INNO-KOM) – Modul Marktorientierte Forschung und Entwicklung (MF)“ über den Projektträger EuroNorm GmbH gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.