Halogenfreie Kunstleder mit reaktiv vernetzenden Flammschutzmitteln

BMWi IGF 19641 BR | Laufzeit: 08.2017 – 07.2020 Miriam Bader, Bernd Morgenstern, FILK Freiberg
  • Categories:
  • Funktionale Schichtsysteme
  • Technische Textilien/Composite

Ausgangssituation

Der weltweite Markt für Kunstleder wird nach wie vor von halogenhaltigen Produkten (PVC), die einen intrinsischen Flammschutz aufweisen, beherrscht. Voraussichtlich wird sich der Marktanteil langfristig reduzieren. Eine Ursache dafür ist, dass solche Produkte im Brandfall toxische und korrosive Halogenverbindungen freisetzen, welche eine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen. Darüber hinaus können größere Sachschäden entstehen. Eine mögliche Alternative sind Kunstleder auf Basis von Polyurethan (PUR), die jedoch eine hohe Brennbarkeit aufweisen und entsprechend flammhemmend ausgerüstet werden müssen. Zu diesem Zweck werden additive Flammschutzmittel (FSM) eingesetzt, wobei oft hohe Konzentrationen notwendig sind. Das steigert die Viskosität der PUR-basierten Beschichtungsstoffe und erschwert die Verarbeitung. Weiterhin können ungewollte Migrationseffekte und ein partieller Funktionsverlust bei niedermolekularen additiven FSM auftreten. Diese skizzierten Nachteile könnten durch die Verwendung von reaktiven FSM (rFSM) umgangen werden. Dabei fungieren diese im Polymer als Vernetzer bzw. Kettenverlängerer (siehe Abbildung 1).

Projektziel

Ziel des Forschungsvorhabens war die Erarbeitung von technologisch anwendungsbereiten PUR-Systemen zur Herstellung von halogenfreien Kunstledern, welche mittels reaktiver FSM dauerhaft flammhemmend ausgerüstet sind.

Lösungsweg

In der ersten Phase des Projektes wurde untersucht, welche rFSM unter welchen Reaktionsbedingungen (Katalysator, Gehalt und Verhältnis von rFSM und Originalvernetzer) in High-Solid-Systeme integriert werden können, sodass PUR-Modellfolien mit definierten Qualitätsmerkmalen hergestellt werden können. Folien, deren Eigenschaften Glasübergang und Quellverhalten ähnlich den FSM-freien Referenzmaterialien waren, wurden Brandprüfungen unterzogen. Deren Ergebnisse galten als Kriterium bei der Auswahl für Kunstleder-Rezepturen. In der zweiten Projektphase wurden Kunstleder mit reaktivem Flammschutzmittel hergestellt und hinsichtlich ihrer physikalischen und mechanischen Eigenschaften sowie ihres Brandverhaltens charakterisiert.

Ergebnisse

Von den über 400 getesteten PUR-Rezepturen erwiesen sich zwölf als geeignet, um stabile, nicht klebrige Filme herzustellen. Diese zeigten gegenüber der FSM-freien Referenzfolie eine höhere Reißdehnung und eine geringere Bruchfestigkeit. Als Brandprüfmethoden wurden die LOI-Wert-Bestimmung, die Cone-Kalorimetrie sowie das horizontale Brennverhalten nach DIN 75200 eingesetzt. Folien mit rFSM wiesen dabei einen höheren LOI-Wert auf als die Referenzfolien. Die freigesetzte Gesamtwärmemenge wurde reduziert, die maximale Wärmefreisetzung stieg jedoch (siehe Abbildung 2). Das heißt, Folien mit rFSM geben im Brandfall weniger Energie ab, brennen dafür aber umso intensiver. Die Brennrate wurde von 52 mm/min auf 0 mm/min reduziert. Somit belegen alle drei Methoden eine flammhemmende Wirkung der rFSM.

Die Rezepturen der drei Modellfolien mit den besten brandhemmenden Eigenschaften wurden als Funktionsschicht für ein Kunstleder verwendet. Zusätzlich wurde der Deckstrich mit einem FSM ausgerüstet. Dieser zeigte jedoch keinen Effekt auf das Brandverhalten. Kunstleder mit rFSM im Zwischenstrich wiesen einen höheren LOI-Wert auf, als Kunstleder ohne FSM. Ein Kunstleder wurde im kleintechnischen Maßstab hergestellt. Die mit diesem Kunstleder erhaltenden Ergebnisse der Brennversuche waren vergleichbar zu denen im Labormaßstab. Generell ist der brandhemmende Effekt im Kunstleder geringer als für Modellfolien. Diese Tatsache und die vergleichsweise hohen Emissionswerte müssen in zukünftigen Projekten berücksichtigt werden.

   

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Danksagung

Das IGF-Vorhaben Nr. 19641 BR der Forschungsvereinigung „Forschungsinstitut für Leder und Kunststoffbahnen gGmbH“, Meißner Ring 1-5, 09599 Freiberg wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der „Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF)“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.

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