Entwicklung eines Prognosemodells zur Analyse der haptischen Wahrnehmung von Textilien (ProHTex)

BMWi IGF 19326 BG | Laufzeit: 02.2017 – 01.2019 Falk Simon, Andrea Stoll, FILK Freiberg; Lars Gussen, RWTH Aachen; Serge Lang, HIT Bönnigheim
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Ausgangssituation

Textilien gewinnen in neuen Einsatzfeldern durch ihre speziellen Funktionen immer mehr an Bedeutung. Speziell im Automobilinnenraum sind technisch funktionale Textilien nicht mehr wegzudenken. Beim Kauf eines Neufahrzeuges wird inzwischen der Komfort, die Individualität und die Wertigkeit im Fahrzeuginnenraum für die Kunden immer kaufentscheidender, wodurch die Verbesserung der verwendeten Textilien in den Fokus kontinuierlicher, innovativer Weiterentwicklungen rückt.

Eine objektive Erfassung der Oberflächenbeschaffenheit würde es der Industrie ermöglichen, bereits während der Produktentwicklung haptische Eindrücke zu erfassen, die Gefahr von Fehlentwicklungen zu verringern und die Effektivität in der Produktentwicklung steigern.

Projektziel

Ziel dieses Forschungsprojekts war die messtechnische Erfassung der menschlichen Wahrnehmung der Haptik von verbauten textilen Oberflächen und die Entwicklung eines Modells zur Prognose dieser Wahrnehmung.

Lösungsweg

Die Auswahl der Materialien erfolgte in Zusammenarbeit mit Textilherstellern und der Automobilindustrie, wobei durch die Verwendung von aktuellen Standardmaterialien bis hin zu hochpreisigen Sonderausstattungen ein breites Spektrum abgedeckt werden konnte. Insgesamt standen 53 Materialvarianten zur Verfügung, von denen 37 im Projekt detaillierter untersucht wurden. Diese unterschieden sich hinsichtlich Einsatzort (Dachhimmel, Sitzmaterial), Materialart, Kaschierung, Farbe und Zusammensetzung. Es wurden weit über 3000 objektive Kenndaten (z. B. Rauheit, Deformation, Reibung, Kontaktpunktzahl, Oberflächenindex) ermittelt. In 2 Studien wurden subjektive Bewertungen, von auf Demonstratoren bezogenen Materialien mit 138 Probanden erhoben, wobei stets eine von 1 – 7 skalierte Bewertung erfolgte. Die zur humanen Beurteilung genutzten Deskriptoren sowie die ausgewählten Kennwerte gruppieren sich in 4 Hauptgruppen: 1. Wärme- / Kälteempfinden, 2. Reibungseigenschaften, 3. Deformation, 4. Oberfläche/Topographie. Mittels Korrelations- und Regressionsanalysen wurden abschließend die Prognosemodelle erstellt.

Ergebnisse

Aus den umfangreichen Datenmengen konnten folgende Ergebnisse erzielt werden:

Im Durchschnitt ergaben sich bei der Schmeichelbewegung ein Druck von 3,55 N und eine Tastgeschwindigkeit von 130 mm/s. Für die subjektiven Empfindungen von Härte, Rauheit, Kratzigkeit, Elastizität und Temperatur bei Auflage konnten lineare Zusammenhänge zu den jeweiligen objektiven Kennwerten bei mittlerer bis hoher Korrelation gefunden werden (Abbildung 1).

Für Dachhimmel und Sitzmaterialien wurden jeweils Gleichungen formuliert, mit welchen aus den messtechnisch erfassten Kennwerten das Empfinden prognostiziert werden kann. Folgende Prognosemodelle wurden erstellt:

 

QualitätDachhimmel = - 0,907 + 1,778*Dicke + 0,002*SoftecSchaum + 0,001*iB – 0,093*Skette + 22,987*µ20

 

QualitätSitzmaterial    = 6,090 + 0,240*Dicke – 0,009*Rt + 0,007*Rz + 0,668*µ1 8,552*µ20

 

Abkürzungserklärung

  • SoftecSchaum = Deformationskennwert [mN]

  • iB = Benetzungsindex [s]

  • µ1; µ20 = Reibkoeffizient bei 1 N & 20 N

  • Rt = Rautiefe [µm]

  • Rz = gemittelte Rautiefe [µm]

  • Skette = Steifigkeit der Kettrichtung [°]

 

Durch Einsetzen der Messwerte von zu bewertenden Materialien in die Prognosemodelle kann das Qualitätsempfinden der Dachhimmelmaterialien zu 98 % (Abbildung 2) und das der Sitzmaterialien zu 80 % vorhergesagt werden.

 

 

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Danksagung

Das IGF-Vorhaben 19326BG der Forschungsvereinigung „Forschungsinstitut für Leder und Kunststoffbahnen gGmbH, Meißner Ring 1-5, 09599 Freiberg“ wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der „Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF)“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.

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