Ausgangssituation
Vor dem Hintergrund der Verknappung fossiler Rohstoffe, strikter werdender Regularien zum Einsatz von etablierten Weichmachern sowie dem öffentlichen Interesse an „grüner Chemie“ gibt es vor allem bei Weich-PVC einen großen Bedarf an alternativen, nachhaltigen Weichmachern aus nachwachsenden Ressourcen. In begrenztem Umfang werden bereits biobasierte Weichmacher in sensiblen Bereichen wie der Lebensmittelverpackung, Babyartikeln und Kinderspielzeugen eingesetzt. Der Trend geht hin zu Weichmachern für spezielle Anwendungsgebiete, in denen die Weichmacher hohe Anforderungen an Leistung, Kosten, Verfügbarkeit und Umwelt- und Gesundheitsrisiken erfüllen müssen. Im Bereich der Flammschutzmittel ist ebenfalls eine intensive Entwicklung weg von schwermetall- und halogenhaltigen Produkten hin zu umweltfreundlicheren Systemen erkennbar. Zu diesen gehören polymere Flammschutzmittel, phosphor- und/oder stickstoffbasierte und synergistisch wirkende Systeme. Durch die Weiterentwicklung von Flammschutzmitteln und Weichmachern werden nicht nur die Eigenschaften verbessert, sondern auch neue Einsatzbereiche und Märkte erschlossen. Die Integration des Flammschutzes in den Weichmacher sollte die Minimierung der Nachteile der einzelnen Additive bewirken.
Projektziel
Ziel war die Entwicklung und Applikation von biobasierten Weichmachern für PVC mit einer flammhemmenden Wirkung und verringerter Migrationsneigung. Durch die Kopplung von pflanzenölbasierten Fettsäureestern und Phosphonsäureestern sollte die flammhemmende Funktion in Weichmachermoleküle integriert werden. Die Optimierung von Eigenschaften wie Flüchtigkeit und Migration, die Reduzierung der notwendigen Einsatzmengen sowie die Verbesserung der mechanischen Materialeigenschaften wurden dabei angestrebt.
Lösungsweg
Dafür wurden pflanzenölbasierte, ungesättigte Fettsäureester chemisch so modifiziert, dass sie Phosphonatgruppen enthielten und zu Molekülen mit deutlich unterschiedlichen Molmassen führten. Dies geschah, indem die Säuregruppen mit verschiedenen einwertigen Alkoholen umgeestert und die Doppelbindungen anschließend mit Phosphonsäureestern mit variierender Alkylgruppengröße umgesetzt wurden. Die hergestellten Verbindungen wurden hinsichtlich ihrer chemischen Struktur und ihrer weichmacherspezifischen Eigenschaften analysiert. Anwendungsbezogene Untersuchungen im Labor- und kleintechnischen Maßstab mit Prüfung der Materialeigenschaften einschließlich des Brandverhaltens zeigten mögliche Einsatzbereiche der synthetisierten Verbindungen auf.
Ergebnisse | Nutzen
Es konnte gezeigt werden, dass sich aus Pflanzenölen aus regional vorkommenden, nachwachsenden Rohstoffen durch chemische Modifikation flammhemmende, migrationsarme Weichmacher herstellen lassen. Durch die im Fettsäureester eingebaute Phosphonatgruppe konnten Weichmacher mit einem sehr guten Geliervermögen und Weichmachereigenschaften ähnlich oder besser denen von kommerziell verfügbaren Weichmachern erhalten werden. Durch den enthaltenen Phosphor wurde zusätzlich eine Brandhemmung und ein ausreichender Flammschutz von Weich-PVC-Produkten auch ohne den Einsatz schwermetallhaltiger Flammschutzmittel oder stark migrierender, phenolhaltiger Weichmacher ermöglicht. Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens sind somit auch ein wichtiger Schritt in der Entwicklung von Weich-PVC-Produkten mit weniger umwelt- und/oder gesundheitsbelastenden Additiven.
Spezialanwendungen, wie sie meist von KMUs bedient werden, erfordern spezielle Weichmacher mit angepasstem Eigenschaftsprofil. Von den Projektergebnissen werden unter anderem Hersteller technischer Textilien, Kunstleder oder Folien sowie Verarbeiter von Weich-PVC-Produkten und Chemikalienhersteller (Biomassekonversion, Weichmacher) profitieren.
Danksagung
Das IGF-Vorhaben 21183 BR wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der “Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF)” vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.