Tensid- und enzymfreie Dezellularisierung von Pferdesehnen

BMWi INNO-KOM 49MF180148 | Laufzeit: 03.2019 – 08.2021 Marit Baltzer, Enno Klüver, FILK Freiberg
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  • Biogene Rohstoffe
  • Kollagen
  • Verfahren/Prozesse

AUSGANGSSITUATION

Ein wesentlicher Schwerpunkt der Orthopädie und Unfall­chirurgie ist die Behandlung entzündeter und verletzter Sehnen an Händen, Schultern, Knie und Füßen. Jeder vierte Erwachsene ist im Laufe seines Lebens betroffen. Weltweit werden jährlich >30 Mio. Fälle behandelt, wobei über 140 Mrd. € Gesundheits­ausgaben entstehen. Zur Behandlung stehen begrenzt autologe sowie xenogene oder künstliche Materialien zur Verfügung. Voraussetzung für die Verwendung von Materialien tierischen Ursprungs ist eine vollständige Dezellularisierung, um die Biokompatibilität dieser kollagen­basierten Substrate zu erreichen und Immun­reaktionen im Patienten zu verhindern. Basis der etablierten Aufbereitung kollagener Ausgangs­materialien sind tensid- und enzymbasierte Verfahren zur Entfernung der nicht­kollagenen Bestand­teile und Dezellularisierung. Die Verfahren sind sehr effektiv, um die Materialien zu reinigen, jedoch sind Spuren von Tensid- und Enzymresten trotz zahlreicher Spül- und Waschschritte im Endprodukt vorhanden.

PROJEKTZIEL

Auf Basis der bekannten gerberei­chemischen Aufbereitungs­prozesse von Haut sollte im Projekt ein tensid- und enzymfreies Verfahren entwickelt werden, um kompakte, equine Sehnen sowie Sehnen­spalte für medizinische Zwecke zu dezellularisieren, um diese als Sehnen- und Bandersatzmaterialien verwenden zu können. Ziel war es, die Sehnen möglichst im Original­zustand, d. h. ohne vorhergehende Zerkleinerungs­schritte, vollständig von Zell­material zu befreien und die Ziel­werte „DNA-Gehalt unter 50 ng/mgTS“, „DNA-Fragmente kleiner als 200 bp“ sowie „keine Zell­kerne nachweisbar“ zu erreichen und dabei sowohl die Nativität der Kollagen­matrix als auch die mechanische Stabilität der Sehne so gut wie möglich zu erhalten.

LÖSUNGSWEG

Das Material (oberflächige Beuge­sehne von Warm­blütern) wurde in Gebinden zu je 30 Stück eingekauft. Die Sehnen wurden zunächst als Spalte, in weiter­führenden Versuchen als ganze Sehne behandelt und dabei in einen breiten (unterer Abschnitt, druck­belastet) und einen runden Abschnitt (oberer Teil, zugbeansprucht) unterteilt. Die Dezellularisierung wurde in 4 verschiedenen Methoden nach gemeinsamer Vorbehandlung untereinander verglichen (Abb. 1).

Methoden aus der Wasser­werkstatt mit (V1) und ohne Einsatz von Sulfid (V2) wurden biochemischen Methoden unter Einsatz von Tensiden und Enzymen wie Trypsin (V3) bzw. Pepsin (V4) gegenüber­gestellt. Im Anschluss wurden die verschieden aufbereiteten Sehnen­materialien auf Azellularität, Mechanik und Biokompatibilität untersucht.

ERGEBNISSE | NUTZEN

Für das sehr kompakte und feste Sehnen­material sind die pH-Wechsel-Verfahren im Vergleich zu tensidisch/enzymatischen Methoden sehr gut zur Dezellularisierung geeignet (Abb. 2). Ursachen liegen vor allem im Quell- und Entquellverhalten der Kollagen­matrix. Dieser Pump­effekt wird bei den herkömmlichen Verfahren nicht genutzt. Somit können die Zell­rückstände auch nicht aus der Matrix herausgespült werden. Beim pH-Wechsel vom sauren ins basische Milieu nimmt das Sehnen­material sehr viel Wasser auf, die Zellbruch­stücke können in Lösung gehen und werden beim Wechsel über den Neutral­punkt heraus­gewaschen. Um diesen Effekt noch zu verstärken, sind im Ergebnis des Projektes diese Behandlungen zusätzlich unter Druck­wechsel durchzuführen. Mit dieser Art der Dezellularisierung werden die genannten Zielwerte sicher erreicht und die mechanischen Eigen­schaften der Sehnen­matrix bleiben erhalten (Abb. 3).

   

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Danksagung

Das Forschungsvorhaben „Tensid- und enzymfreie Dezellularisierung von Pferde­sehnen“, Reg.-Nr.: 49MF180148 wurde anteilig vom Bundes­ministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundes­tages innerhalb des Förder­programms „FuE-Förderung gemein­nütziger externer Industrie­forschungs­einrichtungen – Innovations­kompetenz (INNO-KOM) – Modul Markt­orientierte Forschung und Entwicklung (MF)“ über den Projekt­träger EuroNorm GmbH gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unter­stützung.

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